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Die Stimmlichkeit als Ausdruck der Person

In vielen Seminaren habe ich davon gesprochen, die Stimme sei der ganze Mensch, Körper, Geist (Denken, das Mentale) und Seele (Psyche/Emotionen). Um den Zusammenhang zwischen Stimme und Denken zu erklären, habe ich ein brauchbares Modell in den vier Dimensionen der Extstenzanalyse gefunden.

Am 3.November 2022 war ich zu Gast in der Radiosendung "Der existierende Mensch" auf Radio Freirad. Der Gestalter der Sendung ist Markus Felder, seines Zeichens Psychotherapeut, Psychologe, Supervisor und Coach, Seminar- und Workshopleiter. Ein spannendes Gespräch hat sich ergeben, rund um die Verankerung der Stimme in der Existenz des Menschen. Hier der Link zur Sendung:

 

https://cba.fro.at/582710

 

 

Die Existenzanalyse gründet zunächst auf der Logotherapie von Viktor Frankl. Die meisten Menschen kennen ihn über sein Buch "Trotzdem Ja  zum Leben sagen".

 

Oder über Zitate:

 „Die Aufgabe wechselt nicht nur von Mensch zu Mensch – entsprechend der Einzigartigkeit jeder Person – sondern auch von Stunde zu Stunde, gemäß der Einmaligkeit jeder Situation. “

„Die Spielregeln des Lebens verlangen von uns nicht, dass wir um jeden Preis siegen, wohl aber, dass wir den Kampf niemals aufgeben.

"Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt die Macht unserer Wahl. In unserer Reaktion liegen unsere Entwicklung und unsere Freiheit."

 

Viktor Frankl hat mit seiner Logotherapie den Sinn und die Suche nach dem Sinn als wichtigste Dimension des menschlichen Lebens, der menschlichen Existenz definiert. Alfried Längle, ein Schüler Viktor Frankls, hat in seiner Existenanalyse dieser Dimension noch drei weitere Dimensionen vorangestellt.

Diese nunmehr vier Dimensionen lassen sich auch auf den Menschen und dessen Umgang mit seiner Stimme, seinem Sprechen und seiner Präsenz, sowie deren  Entwicklungsmöglichkeiten übertragen. Folgende Fragen ergeben sich im Lichte der vier Dimensionen der Extenzanalyse.

 

 

1) Faktizität oder Der Horizont des Möglichen

„Ich kann!“

 

In diesem Wirkungsfeld geht es darum, sich mit seiner Stimme auseinanderzusetzen. Kann ich mich auf meine Stimme einlassen, wenn ich sie höre? Auf einer Aufnahme? Aber auch, wie ich sie selbst wahrnehme, wenn ich spreche? Wie funktioniert meine Stimme? Woran kann ich arbeiten, um mehr stimmliche Sicherheit und Präsenz zu bekommen? Wie gelingt es mir, mir stimmlich mehr Raum zu nehmen? Welche Bedingungen brauche ich, um meiner Stimme Raum geben zu können?
Eventuell, wenn ich in stimmlichen Schwierigkeiten bin, hole ich mir die Meinung eines Phoniaters (Stimmarztes) ein. Wo liegen die Entwicklungsmöglichkeiten meiner Stimme? Decken sich meine Wünsche mit den Möglichkeiten und Gegebenheiten meiner Stimme?  Wie groß ist der zeitliche Aufwand, um mein Ziel zu erreichen? Wieviel Zeit, bin ich bereit mir zu nehmen?
 

 

 

2) Wert oder Der Horizont des Lebens

„Ich will!“

 

In dieser Dimension können sich folgende Fragen ergeben Welchen Wert hat meine Stimme für mich, und welchen Wert hat deren Weiterentwicklung. Warum ist es mir wichtig, mich vor anderen stimmlich präsent zu zeigen? In welchen Situationen? Was mag ich an meiner Stimme?Was mag ich nicht? Und warum nicht? Welchen Wert kann das Training, das Coaching, das Üben für mich haben. Auch abseits der Weiterentwicklung meiner kommunikativen Fähigkeiten. Die Arbeit an der Stimme ist ja immer auch ein Prozess der Persönlichkeitsentwicklung. Womit wir uns schon mitten in der nächsten Dimension befinden.
 

 

 

3) Identität oder Der Horizont der moralischen Vertretbarkeit

"Ich darf!"

 

In diesem Feld kann sich folgender Cluster an Fragen ergeben? Finde ich mich als Persönlichkeit in meiner Stimme wieder? Wo schon? Wo nicht? Finde ich mich wirklich darin wieder, wo ich mit meiner Stimme hin will? Passt der Trainer, die Trainerin, zu mir und meinen Zielen? In welchen Übungen finde ich mich wieder? Es gibt soviel unterschiedliche pädagogische Zugänge zu den Themen Stimme, Sprechen, Präsenz und Kommunikation! Und nicht zuletzt, was bedeutet Authentizität für mich? Bleibe ich authentisch, wenn ich mich weiterentwickle? Von vielen Menschen bedeutet Authentizität nicht anderes, als an lieb gewordenen Gewohnheiten und Muster festzuhalten. Ich bin der Meinung, gerade die Arbeit an der Durchlässigkeit der Instrumente Körpersprache und Stimme schenkt einem immer mehr die Möglichkeit, als der Mensch, der man ist, präsent, und damit authentisch, zu sein.

 

 

4) Sinn oder der Horizont des Kontextes

"Ich soll!"

 

In welchem größeren Zusammenhang steht es, dass ich an mir, meiner Stimme und meinem Auftreten arbeite. Welche Frage, aber auch welche Aufforderung, aus der Zukunft wird an mich gerichtet? Welchen Sinn hat es, in meine eigene persönliche Entwicklung Zeit zu investieren? Warum ist es mir wichtig, lebendig und ausdrucksstark zu kommunizieren? Wem dient das? Wem hilft das?

 

 

 

Wie ich finde, wertvolle Fragen, die uns helfen, sich mit unserer Stimme auch über den Bereich des Tuns und Übens hinaus auseinanderzusetzen. Und unsere Stmmliche Entwicklung auch im Lichte einer gedanklichen Auseinandersetzung zu betrachten. Denn die Stimme ist der ganze Mensch. Nicht nur Körper und Seele, sondern auch Geist.

 

 

 

Zum Abschluss noch zwei weiterführende Tipps:
- Das Buch „Existentielles Coaching, Theoretische Orientierung, Grundlagen und Praxis für Coaching, Organisationsberatung und Supervision“ von Alfred Längle und Dorothee Bürgi
- Der neue Podcast von Dorothee Bürgi: „Das Hör-Vademecum, die Podcast-Reihe zum Buch ‚Existentielles Coaching!"

https://dashoer-vademecum.ch/coaching-podcast/