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„Unsere Blicke aber ersetzen alle Worte.“ (Jean-Jacques Rousseau)

Ich kann mich noch sehr gut an jene Seminarteilnehmerin erinnern, der es nicht gelungen ist, mir - oder auch den anderen Teilnehmenden - in die Augen zu schauen. Ihr Blick war gesenkt, ihre Stimme leise. Ihre Worte fielen zu Boden und versickerten dort.

 

Wenn Sie jemanden wirklich anschauen - in einem Gespräch, aber auch in einer Präsentation -, so bringt Ihnen das vielerlei Vorteile.

Ihr Gegenüber - Einzelperson oder Publikum - fühlt sich angesprochen

Das hat auch damit zu tun, dass sich die Melodie Ihres Sprechens verändert. Auch Ihre Art zu betonen. Wenn Sie jemanden wirklich ansprechen, wird Ihr Tonfall persönlicher. Der Klang Ihrer Stimme verändert sich um jene Nuancen, die Ihrem Gegenüber signalisieren: „Sie, oder er, meint wirklich mich, nimmt mich wahr, spricht mich an.“ Ihre Inhalte klingen damit im wahrsten Sinne des Wortes „ansprechend“.
Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang bitte eine Metapher: Der Blickkontakt ist das Samenkorn der Begegnung. In ihm ist angelegt, wie sich die Blume des Gespräches entfaltet.

 

 

Unsere autonomen Nervensysteme regulieren sich gegenseitig

Therapeutische Präsenz, Pädagogische Präsenz, aber auch Präsenz im Gespräch lebt von gegenseitigen Signalen der Sicherheit. Der amerikanische Verhaltensneurobiologe Stephen Porges bezeichnet eine lebendige Mimik der oberen Gesichtshälfte, also jenes Bereich rund um die Augen, als besonders wichtig, um Signale der Sicherheit auszusenden.
Wenn Sie Ihrem Gegenüber Ihren Blick schenken, offen, freundlich, wertschätzend, dann machen Sie ihm im wahrsten Sinne des Wortes ein Geschenk. Sie schenken Ihrem Gesprächspartner, Ihrer Gesprächspartnerin, oder auch Ihrem Publikum, Ihre Aufmerksamkeit. Jean Paul Satre spricht sogar davon, dass das Gegenüber im Blickkontakt erst erschaffen werde.
 

 

Ihr Monolog wird zum Dialog

Durch echten Blickkontakt vermitteln Sie Ihre Inhalte nicht mehr als Monolog, sondern befinden sich plötzlich in einem Gespräch. Sie stehen mit Ihrem Gegenüber im Austausch, auch wenn - möglicherweise - Sie es sind, der, oder die, hauptsächlich spricht.
Dennoch ist die Last von Ihnen genommen, Alleinunterhalter zu sein. Sie können nun Ihrerseits auf Reaktionen Ihres Publikums reagieren. Denn die Art, wie Sie die Dinge sagen, wie Sie betonen, wie Sie intonieren, ja sogar, die Energie Ihrer Stimme, wird damit in Verbindung stehen, wie es den Menschen, die Ihnen zuhören, geht. Dadurch fühlen sich diejenigen, die Ihnen zuhören, wahrgenommen und angenommen. Ausgangspunkt dafür ist wieder der Blickkontakt.

 

 

Sie erhöhen Ihre Präsenz

Es geht dabei nicht darum, dass Sie jemanden anstarren. Es geht um ein  lebendiges in Augenschein nehmen.  Denn dann beleuchten Sie am Beginn Ihres Vortrages Ihr Publikum mit dem Schein Ihrer Augen. Damit steht Ihr Publikum im Licht Ihres Bewusstseins.
Diese Pause bringt Sie und Ihr Publikum in den Moment. Sie erzeugen aber auch Spannung, und erwecken Neugierde, auf das was kommt.

Nehmen Sie sich also, bevor Sie zu sprechen beginnen, Zeit, wirklich  zu registrieren, was um Sie herum passiert. Und seinen Sie bereit zu reagieren: mit einem Lächeln, einem Zunicken, einem Wort, einer Begrüßung oder einem kurzen Gespräch.
Sie werden augenblicklich als sehr präsent wahrgenommen und als jemand, dem, die Menschen, zu denen er spricht, wichtig sind.

 

 

Übungen

Schauen Sie Ihrem Gegenüber bewusst in die Augen, und versuchen Sie dessen Augenfarbe wirklich wahrzunehmen.
Fragen Sie sich, was wünscht sich diese Person in diesem Augenblick von Ihnen. Es geht nicht um die Richtigkeit Ihrer Vermutung, sondern darum, dass Sie eine Verbindung anbieten, die Ihr Gegenüber bemerkt. Tun Sie das ohne Erwartung und vollkommen wertfrei. Zeigen Sie sich mit Ihrem Blick gespannt auf Ihr Gegenüber. Schließlich ist es ja das Auge, das als Spiegel der Seele wahrgenommen wird.

 

 

"One More Thing"

Diesmal nicht von Steve Jobs, sondern von Josef von Eichendorff

 

 

Schaust Du mich aus Deinen Augen
lächelnd wie aus Himmeln an,
fühl' ich wohl, daß keine Lippe
solche Sprache führen kann.

 

Könnte sie's auch wörtlich sagen
was dem Herzen tief entquillt,
still den Augen aufgetragen
wird es süßer nur erfüllt.

 

Und ich seh' des Himmels Quelle,
die mir lang verschlossen war,
wie sie bricht in reinster Helle
aus dem reinsten Augenpaar.

 

Und ich öffne still im Herzen
alles, alles diesem Blick.
Und den Abgrund meiner Schmerzen
füllt er strömend aus mit Glück.